Die Vollversammlung der Jusos Dresden möge beschließen und an die Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen, an den Landesparteitag der SPD Sachsen und den Bundeskongress der Jusos weiterleiten:

Wir fordern:

  • ein langfristiges Verbot aller Pestizide, die schädlich für Bienen und andere Bestäuber sind. Dabei handelt es sich vor allem um Chlorpyrifos, Cypermethrin und Deltamethrin.
  • die Erstellung koordinierter Aktionspläne zum Bienenschutz, die nicht nur eine wirksamere Regulierung und Kontrolle des Einsatzes von Agrochemikalien zum Ziel haben, sondern auch die Überwachung der Gesundheit von Bienen und anderen Bestäubern erleichtern. Langfristig soll daran gearbeitet werden, naturnahe Lebensräume innerhalb und in der Umgebung von Agrarlandschaften zu verbessern und die Biodiversität auf Agrarflächen zu erhöhen.
  • die Abwendung von chemieintensiver, destruktiver Landwirtschaft hin zu einer ökologischeren, umweltschonenderen Alternative. Hierzu sollen vor allem auf EU-Ebene mithilfe einer stärkeren öffentlichen und privaten Finanzierung die Erforschung und Entwicklung ökologischer Anbaupraktiken gefördert werden.
  • die Schaffung eines landwirtschaftlichen Beratungssystems, welches auf EU-Ebene über ökologische Schädlingsbekämpfung und Anbaumethoden informiert.
  • die Ausweisung von Flächen als im Umweltinteresse genutzte Flächen: Die Mitgliedsstaaten der EU sollen soweit wie möglich sicherstellen, dass durch die Ausweisung von Flächen als „im Umweltinteresse genutzt“ die Biodiversität sowie natürliche Funktionen von Agrarökosystemen wie Bestäubung und Kontrolle von Schädlingspopulationen geschützt und verbessert werden.

Begründung

Die Imkerei ist eine Tradition zur Gewinnung von Naturprodukten, die seit Jahrhunderten in Europa Bestand hat. Seit Anfang der 2000er ist diese Tradition jedoch gefährdet: Imker*innen international beobachten das Sterben erwachsener Bienen im Bienenstock, während Jungtiere und Brut, Honig und bereits gesammelte Pollen noch vorhanden sind. Die Verbreitung des sogenannten Colony Collapse Disorder (CCD) nahm ihren Anfang in Nordamerika und breitete sich schnell über weitere Kontinente aus. In Europa sind vor allem Frankreich, Irland, Großbrittanien, aber auch Deutschland, Spanien, Italien und viele weitere Länder davon betroffen. Das Überleben des Winters ist dabei für die statistische Erhebung entscheidend. In Deutschland waren 2014 durchschnittlich 8-9% aller Bienenvölker vom CCD betroffen. dieses Jahr waren es -mit regionalen Unterschieden- im Schnitt etwa 20%.

Trotz des technischen Fortschritts auch in der Landwirtschaft ist eine Bestäubung der Pflanzen essentiell für eine ertragreiche Ernte. Ob Apfel oder Möhre, 71 von 100 Nutzpflanzen würden einen Ausfall der natürlichen Bestäubung durch fehlende Bienen, Hummeln oder andere Insekten nicht überleben und aussterben. Das sind 90% aller Nutzpflanzen weltweit. Neben Lebensmitteln wäre auch das Futter für Tiere betroffen, aber auch Wachs für die Industrie und im Alltag, Propolis[1] für medizinische Anwendungen, Gelée Royale[2] zur Aufzucht weiterer Bienen. Der ungewöhnliche Rückgang der Bienenvölker hat also nicht nur Auswirkungen auf Umwelt oder Natur, sondern auch weltweit auf Fragen der Ernährung und weiterer Anwendungsfelder.

Die Ursachen für das CCD sind vielfältig und auch oftmals voneinander abhängig. Der Mensch ist dabei ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Die intensive Landwirtschaft und der Einsatz von Pesti- oder Herbiziden tun ihr Übriges für eine Unter- und Fehlernährung der Bienen und anderer Bestäuber. Aber auch pathogene[3] und invasive Tierarten, wie z.B. die Varroamilbe (Varroa destructor), die asiatische Hornisse (Vespa velutina), den kleinen Beutekäfer (Aethina tumida) und die Milben der Gattung Tropilaelaps befallen Bienen, deren Jungtiere und ihre Lebensräume. Genetisch veränderte Pflanzen und Umweltveränderungen, die zu einer Fragmentierung und damit zum Verlust natürlicher Lebensräume führt, gehen jedoch vom Menschen aus und könnten durch ein Umdenken in landwirtschaftlichen Fragen zumindest eingedämmt werden. Umweltveränderungen sind dabei zum Beispiel die Vermeidung von Grünstreifen zwischen Feldern oder in Obstplantagen.

Daher sind Lösungen gefordert, an denen sich der Mensch beteiligen kann. Das wäre zum Beispiel eine verstärkte Konzentration auf die ökologische Landwirtschaft. Dabei könnte die Ernährung der kleinen, arbeitsamen Tiere beeinflusst werden durch Streublumenfelder an Feldrändern, durch das Hegen verschiedener Blühstreifen am Ackerrand bzw. zwischen Obstplantagen. Bei letzterem wäre der Verzicht auf (genveränderte) Monokulturen evtl. schon völlig ausreichend, bzw. auch eine Wiederherstellung artenreicher Grünland- und Heuflächen. Der Anbau von Deckpflanzen, wie Kohl könnte für Abwechslung im Speiseplan sorgen. Der Erhalt von Waldflächen und die Förderung der Bereitstellung von Nist- und Brutplätzen könnten Anreize setzen, um sich für die Artenvielfalt der Bienen einzusetzen.

Schädlingsbekämpfungsmittel, die zur Gruppe der Neonicotinoide zählen, wie zum Beispiel Thiamethoxam, sind, nach ersten Studien zufolge, verantwortlich für einen Orientierungsverlust der Honigbiene und in den üblich eingesetzten Dosen auf jeden Fall ein Grund für das Auftreten des CCD. Ein anderes Mittel, Imidachloprid, ist nachweislich für die Unfruchtbarkeit von Hummeln verantwortlich. Beide Schädlingsbekämpfungsmittel sind seit 2013 in der EU nur in bestimmten Zeiträumen, z.B. nach der Blüte erlaubt. Die einzige Pflanze, die damit behandelt werden kann, ist die Zuckerrübe, da die Ernte vor der Blüte erfolgt.

Im nichtlandwirtschaftlichen Bereich sind Neonicotinoide aber zur Schädlingsbekämpfung im Gartenbereich noch erlaubt, genauso wie zur Parasitenbekämpfung bei Haustieren. Die Dosen sind hierbei natürlich sehr viel geringer.

Nicht zuletzt: das Umdenken hin zu einer ökologischen Schädlingsbekämpfung -zumindest in der Landwirtschaft- wäre hier am zukunftsfähigsten. Dabei wird von Expert*innen folgendes vorgeschlagen: einerseits eine vorbeugende und indirekte Bekämpfung durch Erhöhung der Artenvielfalt und Erhöhung der natürlichen Feinde von Schädlingen und andererseits auch die direkten Maßnahmen, wie bspw. Biopestizide (Pheromone), Lockstofffallen und physikalische Maßnahmen, wie bspw. Käferwälle in der Mitte von Feldern gegen Blattläuse. Letztere Schritte werden nur eingesetzt, wenn sie mitten im Jahresablauf notwendig sind. Wer jetzt mit Ernteverlusten argumentiert, der irrt: diese konnten in der Praxis durch den verringerten Bedarf an Pestiziden ausgeglichen werden. Zwei weitere Methoden moderner ökologischer Landwirtschaft sind die funktionelle Agrobiodiversität (kurz: FAB), dabei wird auf die Erforschung neuer maßgeschneiderter Samenmischungen für Bienen und Schädlingsfressfeinde gesetzt; und den integrierten Pflanzenschutz (IPM), die die*den Anwenderin*Anwender dazu bringen soll, das Schädlingsbekämpfungsverfahren zu wählen, welches die geringsten Auswirkungen für Mensch und Tier hat[4].

Literatur: Plan Bee – Leben ohne Pestizide/ Auf dem Weg in Richtung ökologische Landwirtschaft, Studie von Greenpeace 2014

[1] Eine von Bienen hergestellte Masse mit antibiotischer, antiviraler, antimykotischer (d.h.: verhindert Pilzinfektionen) Wirkung, Verwendung im naturmedizinischen Bereich, aber auch Nahrungsergänzungsmittel und Naturkosmetik

[2] Futtersaft, gebildet aus Saft zweier Drüsen der Arbeiterinnen zur Aufzucht der Bienenlarven

[3] Potentiell tödlich

[4] IPM wurde von Fachleuten in der EU entwickelt, verwendet jedoch trotzdem Chemikalien, die für anfällige Organismen schädlich sein können.