Die Vollversammlung der Jusos Dresden möge beschließen und an die Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen, mit Ziel der Weiterleitung an den Bundeskongress der Jusos, weiterleiten:

Im Angesicht sogenannter Flüchtlingswellen war die Zusammenarbeit mit Mittelmeeranrainerstaaten wiederholt Mittel der Wahl, um Menschen auf der Flucht davon abzuhalten, die Küsten Europas zu erreichen.

Auch der „Flüchtlingsdeal“ mit der Türkei hat vor allem das Ziel, eine weitere Hürde auf dem Weg über die Balkanroute aufzubauen. Das europäische Asylerfahren soll de facto in die Türkei ausgelagert werden. Einzig erkennbarer „Erfolg“ dieser Maßnahme ist die verstärkte Wiederaufnahme von Schleuseraktivitäten auf der zentralen Mittelmeerroute über Italien, die bereits wieder zu zahlreichen Todesfällen geführt hat.

Die türkische Regierung unter Präsident Erdoğan will mit dem Abkommen vornehmlich innenpolitisch Punkte sammeln, indem sie im Gegenzug Visaerleichterungen für türkische Bürger_innen einfordert, die in die Europäische Union einreisen wollen. Die EU hat bisher alles unternommen, um diesen Deal mit der Türkei auf den Weg zu bringen und auch die Bundesregierung hat dabei über die aktuellen Geschehnisse vor Ort großzügig hinweg gesehen.

Dabei hat Erdoğan bereits mehrfach bewiesen, dass er weder ein Freund der Grund- und Menschenrechte, noch ein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner, noch ein stabilisierender Faktor in der Region ist. Schon seit Jahren lässt er vermeintliche oder tatsächliche Oppositionelle wahlweise wegen Terrorismus(unterstützung) oder Beleidigung verfolgen, seien es nun Gezi-Demonstrant_innen, linke, Kurd_innen, Journalist_innen, unliebsame Militärs oder die Gülen-Bewegung. Den Südosten seines Landes hat er, nach anfänglichen Friedensbemühungen, in einen militärischen Ausnahmezustand geführt, bis hin zur Belagerung ganzer Städte. Den Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien hat er durch anfängliches gewährenlassen von IS-Terroristen in der Türkei mit befeuert. Eine der EU zugesagte Änderung der Anti-Terror-Gesetze will er nicht mehr umsetzen. Sein neuestes Thema ist eine Kampagne gegen das Scheidungsrecht von Frauen, das Recht auf Verhütungsmittel und Abtreibung. Diese Liste ließe sich noch weiter ausführen, soll aber letztendlich nur verdeutlichen, dass von den Anfangs in Erdoğan gesetzten Hoffnungen auf eine weitere Modernisierung des Landes und eine Annäherung an Europa nicht mehr viel übrig geblieben ist.

Gleichzeitig haben wir es mit einer Opposition zu tun, die nicht nur unter der Repression durch die Regierung zu leiden hat, sondern sich auch selbst im Weg steht. Die sozialdemokratische CHP unterstützte zum Teil eine Initiative der Regierung, den Abgeordneten der linken Kurdenpartei HDP mithilfe meist dubioser Strafverfahren die Immunität zu entziehen. Hier hilft also ein assoziiertes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Europas dabei, ein anderes aus dem Parlament zu verbannen. Auf der anderen Seite fällt es der HDP schwer, sich von Terrorismus zu distanzieren, wie der Fall einer Abgeordneten zeigt, die auf der Trauerfeier eines gefallenen PKK-Terroristen anwesend war.

Die Situation ist also verfahren. Während sich Erdoğan und die AKP für uns nicht als Verhandlungspartner anbieten, benötigt die Oppositionsbewegung Impulse und langfristige Solidarität von außen.

Deshalb fordern wir:

  • Die Aussetzung des Flüchtlingsrücknahmeabkommens mit der Türkei
  • Die strikte Durchsetzung der Bedingungen zur Visaerleichterung
  • Einen aktiven Austausch mit der deutschen und europäischen Sozialdemokratie mit den beiden assoziierten SPE-Mitgliedern CHP und HDP, sowie anderen progressiven Institutionen in der Türkei
  • Jugendaustauschprojekte der Jusos mit linken türkischen Jugendverbänden, darunter auch die Jugendverbände o.g. Parteien