Gründung einer sächsischen Arbeitskammer

Die Vollversammlung der Jusos Dresden möge beschließen und an die Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen mit dem Ziel der Weiterleitung an den SPD-Landesparteitag weiterleiten:

Schon seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten hat sich in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt, aber auch in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion über wirtschafts- und sozialpolitische Fragen ein Übergewicht der  ArbeitgeberInnen-Interessen herauskristallisiert. ArbeitnehmerInnen fällt es tendenziell immer schwerer ihre Interessen wirksam zu vertreten bzw. vertreten zu lassen, da zum einen der gewerkschaftliche Organisationsgrad in vielen Bereichen zu wünschen übrig lässt und zum anderen das wirtschaftsliberale Paradigma in der öffentlichen Diskussion vielfach die Oberhand gewonnen hat. Auch fehlt es den ArbeitnehmerInnen an einer wirklich wirksamen Vertretung im außertariflichen Raum, wie es die Unternehmensverbände mit den Industrie- und Handelskammern besitzen.

Arbeitskammer als Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen

An dieser Stelle sprechen wir uns für die Einführung einer sächsischen Arbeitskammer als Körperschaft öffentlichen Rechts aus. Dieses Instrument gibt es in ganz ähnlicher Form bereits in den Bundesländern Bremen bzw. Saarland, in Österreich und in Luxemburg. Mit dieser Institution wollen wir eine Stelle schaffen, die die Interessen ihrer Mitglieder, den sächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, wirksam nach außen vertritt. Die Kammer sollte das Recht besitzen, durch Berichte in regelmäßigen Abständen die Landesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der Kammerzugehörigen zu unterrichten. Zudem muss sie ein Anhörungsrecht bei Gesetzesentwürfen haben, die Belange der Beschäftigten tangieren. Nicht zuletzt sollte die Kammer wirksame Politikberatung durch wissenschaftliche Arbeit leisten, Gutachten erstellen und als Initiator von Diskussionsveranstaltungen mit EntscheidungsträgerInnen fungieren. Aber natürlich sollte eine solche Kammer auch Dienstleister für ihre Mitgliedschaft sein: Die kostenlose Beratung in den Bereichen des Arbeits- Sozial und Steuerrechts und die Förderung der beruflichen, politischen und allgemeinen Bildung (z.B. durch eigene Bildungszentren und Akademien) sind Aspekte, denen sich z.B. auch die Arbeitskammer in Bremen widmet.

Struktur und Finanzierung einer Arbeitskammer

Strukturell gesehen ist zur Gründung einer Arbeitskammer ein Kammergesetz notwendig, wie es z.B. im Saarland und Bremen auch existiert. Die Finanzierung könnte analog dazu über  Pflichtbeiträge (in beiden Ländern 0,15%) funktionieren, die von allen in Sachsen Beschäftigten vom Bruttolohn  eingezogen werden. Um eine wirklich demokratische Legitimation der Struktur sicherzustellen, sprechen wir uns nach Bremer Vorbild für eine Urwahl der Selbstverwaltung aus.

Die Arbeitskammer als enger Partner der Gewerkschaften

Vielfach wird angemerkt, dass die Schaffung einer Arbeitskammer die Gewerkschaften in ihrer Position bedrohen würde. Auch im Hinblick auf die Erfahrungen mit bestehenden Vertretungskörperschaften ist das glatte Gegenteil der Fall.  Arbeitskammern haben mit der Tarifpolitik nichts zu tun und Gewerkschaften und Kammern schaffen in der Regel eine sehr gute Abgrenzung ihrer Aufgaben und ergänzen sich in der Summe sehr gut. Auch ist zu erwarten, dass insbesondere die DGB-Gewerkschaften einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Ausrichtung die Selbstverwaltung der Kammern haben werden und es dadurch möglich wird, gewerkschaftliche Vorstellungen noch mehr als bisher in die gesellschaftliche Breite zu tragen.

Arbeitskammer als sozialdemokratisches Projekt

Auch historisch gesehen ist die Forderung nach der Schaffung einer Arbeitskammer ein zutiefst sozialdemokratisches Projekt. Schon 1877 forderte die Bremer Sozialdemokratie eine solche und diese wurde schließlich auch 1920 unter SPD-Führung als Angestellten- bzw. Arbeiterkammer in die Realität umgesetzt. Wir als SPD wollen die Diskussion über die Schaffung einer solchen Institution wiederbeleben und insbesondere den engen Dialog mit den Gewerkschaften suchen, um eine bestmögliche Ausgestaltung und Struktur sicherzustellen.