Feminismus ist kein Feigenblatt: Geschlechterplena auf Landesverbandsveranstaltungen!

Die Vollversammlung der Jusos Dresden möge beschließen und an die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) der Jusos Sachsen weiterleiten:

Auf mindestens zweitägigen Landesverbandsveranstaltungen, wie beim Landesarbeitskreiswochenende, werden auf Wunsch der Mehrheit der Teilnehmer*innen Geschlechterplena angeboten, wobei 50% vom antragsstellenden Geschlecht sein müssen. Diese finden nach Möglichkeit in zwei verschiedenen Räumen statt; für Menschen, die sich nicht den Geschlechtern[1] „männlich“ oder „weiblich“ zuordnen (hier unter dem Begriff queer zusammengefasst), werden nach Möglichkeit weitere Räume angeboten.

Begründung:

Wir als Jusos begreifen uns als feministischer Richtungsverband und fordern die Gleichstellung aller Geschlechter in der Gesellschaft. Dies ist historisch belegbar, da die Arbeiter*innenbewegung und die Frauen*bewegung schon immer eng miteinander verwoben waren. Dies sollte allen Jungsozialist*innen bewusst sein. Dennoch stellen wir fest, dass insbesondere Frauen* bei Veranstaltungen des Landesverbandes unter repräsentiert sind.  Auch in der Arbeit vor Ort beobachten wir das oft.

Mit der Quote in Vorständen, sowie Delegationen und quotierten Redelisten schaffen wir Räume für Frauen*, um zu Wort zu kommen, sich einzubringen, sich zu engagieren. Wir schaffen damit Möglichkeiten, nicht jede Debatte wie eine Stammtischdiskussion alter, weißer Männer aussehen zu lassen, sondern sie weitestgehend fair und für alle Menschen erträglich zu führen. Die Diskussionskultur ist nachgewiesener Maßen besser als in rein männlich besetzten Runden. Jedoch sollte das nicht als das Mittel verstanden werden, um mehr Frauen* für die politische Arbeit zu begeistern. Auch ist es kein Grund, um sich auszuruhen und zu sagen: „Jetzt hamwa ja ne Quote, das reicht.“

Nein, es reicht eben nicht. Sexistische Verhaltensweisen gibt es nicht nur in der Disco, auf dem Pausenhof und in der Tram: auch bei uns sind diese häufig anzutreffen. Diese manifestieren sich, in dem auf Podien nur Männer reden, weil sie dort eingeladen wurden oder in Diskussionen; wenn man im Ortsverein schräg angeschaut wird, weil man über bestimmte Witze einfach nicht lachen kann; wenn Menschen sich ausgeschlossen fühlen, weil sie bei verschiedenen Runden abends nach Sitzungen nicht mit einbezogen werden. Dies passiert auch bei den Jusos. Vom „Ich mein es ja nicht so.“ bis zum „Oh, war die Bemerkung jetzt sexistisch?“ ist es meist ein weiter Weg, der auch von uns beschritten werden muss, denn die Erkenntnis, das Dinge auch bei uns passieren, die manche Menschen verletzen oder erniedrigen, ist oft hart, jedoch sollten wir uns mit dieser Tatsache konfrontieren, um diese aufarbeiten zu können.

Dazu eignen sich Geschlechterplena. Diese dienen dazu, vor allem für Frauen* und queere Menschen, sich kennenzulernen, zu vernetzen und sich auszutauschen in einem Schutzraum, der diese Möglichkeiten schafft, z.B. auch offen über sexistische Erfahrungen reden zu können, die im Verband gemacht wurden. Gerade neue Jusos brauchen oft Menschen, denen sie Erlebnisse mitteilen können, ohne das ein dummer Spruch fällt. Es kann auch dazu dienen, sich über eigene Privilegien[2] klar zu werden, dies würde sich  bspw. für ein Männer*-Plenum anbieten, wobei dort natürlich auch über sexistische Erlebnisse offen gesprochen werden kann.

Eine feste Moderation könnte beispielsweise der Landesvorstand übernehmen, obwohl Moderationen dazu nur bei großen Gruppen Sinn machen. Ebenso wäre es wichtig, dass sich alle Menschen den Plena anschließen. Zu guter Letzt bleibt noch zu sagen: der Antrag soll keine Kritik an den Landesvorstand und dessen Arbeit darstellen, sondern lediglich als Diskussionsgrundlage und Anregung für eine Vernetzung von Frauen* bei den Jusos Sachsen dienen.


[1] Hier als ‘gender’ zu verstehen, d.h das soziale Geschlecht, nicht immer das, welches Menschen bei der Geburt zugewiesen wurde oder mit dem sie leben möchten.

[2] Privileg ist im Sinne des eigenen Komforts gemeint, bestimmte Themen nicht als wichtig zu erachten, weil es den Menschen selbst nicht mehr betrifft.